Selbst gebautes Labornetzteil
Einleitung
Ein Labornetzteil gehört in jeden Bastelkeller ermöglicht es doch die Spannungsversorgung für alle unseren kleine Projekte. Von der blinkenden LED bis hin zur z.B. elektronisch nachgeführten Astronomieeinheit. Mal braucht man 1.8 V für einen Mikrocontroller, mal braucht man 24 V für einen Motor. Es gibt unterschiedliche Gründe wofür man ein Labornetzteil braucht.
Wesentlich weniger sind die Gründe, warum man sich ein Labornetzteil selbst bauen sollte. Manch einer meint, weil ein Fertiggerät zu teuer ist. Das ist aber ein Trugschluss. Die Fertiggeräte, die man so kaufen kann, sind allesamt erheblich preiswerter als ein Eigenbau. Dazu muss man nur mal schaun wie viel Zeit alleine man in so ein Projekt steckt.
Als Grund den Lerneffekt zu wählen ist ebenfalls vorgeschoben und hat wenig Substanz. Mit einem Spice-Programm wie LTSpice oder Mi-Sugar kann man viel sicherer und vor allem preiswerter lernen als mit dem Lötkolben und Co.
Ich hab ein Labornetzteil selbst gebaut weil es rein geometrisch in meinen Bastlertisch, ein antik anmutender Sekretär, passen sollte. DAS ist meiner Meinung nach einer der extrem wenigen Gründe der den Eigenbau rechtfertigen.
Voraussetzungen für den Eigenbau
Zunächst mal sei erwähnt, dass man hier unter anderem mit Netzspannung arbeitet. Das sollte man aber nur tun wenn man auch weiß was man da tut. Lasst die Finger davon wenn ihr gern frickelt und es mit Sicherheitsbestimmungen nicht so genau nehmt. Das Risiko des vorzeitigen Ablebens wird damit verhindert.
Ich werde hier ein wenig die Schaltung beschreiben. Dabei gehe ich davon aus, dass der Leser, also ihr, weiß wie zum Beispiel ein Transistor grundsätzlich funktioniert. Wer das nicht weiß sollte sich erstmal die Grundlagen erarbeiten und nicht mit einem Labornetzteil beginnen.
Randbedingungen
Als erstes wollen wir die Randbedingungen für das Netzteil festlegen. Diese werden zunächst nur grob festgelegt und können später noch verfeinert werden. Meist braucht man beim Basteln nur Spannungen von 12 Volt und weniger. Das Netzteil soll daher mindestens von 0 bis 12 V einstellbar sein.
Eine Strombegrenzung ist auch sehr sinnvoll, vor allem kann sie helfen dem schnellen Ableben von Bauteilen bei falsch zusammen gebauten Schaltungen gut entgegen wirken. Da ich bisher sehr selten mehr als 1 A Strom gebraucht habe soll das Netzteil also auch nicht mehr als 1 A Strom liefern können.
Die Frage wie man die entsprechende Werte einstellen kann beantworte ich mit Potis, will aber die Option offen halten das Netzteil über einen Mikrocontroller anzusteuern. Dazu dann aber später mehr.
Spannungsreglung
Als erstes stellt sich die Frage wie man die Spannung einstellen kann. Da habe ich ja schon Potis erwähnt. Mit einem Poti kann man die Spannung sehr gut einstellen, Problem ist dass so ein Poti leider einen recht hohen Innenwiderstand hat wodurch die Ausgangsspannung recht stark lastabhängig wird.
Abhilfe schafft hier ein Spannungsfolger mit Hilfe eines OPVs aufgebaut. Dieser zeichnet sich dadurch aus, dass er am Ausgang sehr niederohmig ist, sich also wie eine Spannungsquelle verhält, am Eingang aber sehr hochomig ist und somit das Poti (oder andere Vorgabequelle) praktisch nicht belastet.
Ein Problem gibt es hier aber noch: Ein OPV kann in der Regel nur wenige Milliamperé an Strom liefern. Für unser geplantes Netzteil ist das viel zu wenig aber mit einem kleinen Trick lässt sich das ändern (Stichwort: Komplementär- oder Gegentaktstufe). Man lässt den OPV schlicht einen Transistor ansteuern welcher den gewünschten Strom liefern kann.
Grundsätzlich kann man hier praktisch jeden Transistor nehmen, ob ein Bipolar-Transistor verwendet wird oder ein MOSFET ist eigentlich egal. Das Problem ist hierbei, dass der Transistor im linearen, ohmischen Bereich arbeiten wird und hier wird es schwierig bei den MOSFETs welche zu finden die dafür auch geeignet sind. MOSFETs sind überwiegend nur für den Schalterbetrieb geeignet, d.h. voll ein- oder ausgeschaltet. Daher habe ich mich für einen Bipolartransistor entschieden.
Der Widerstand R1 dient lediglich der Strombegrenzung für den Transistor damit es nicht zur Überlastung des OPV-Ausgangs kommt und man auch nicht die BE-Strecke des Transistors überlastet.
Damit ist die Spannungsreglung vom Konzept her schon fertig, kommen wir zur Auslegung der Bauteile.
Dimensionierung des Spannungsreglerteils
Als erstes ein paar Gedanken zum OPV: In der Regel dürfen die Eingänge eines OPVs nur mit Spannungen zwischen positiver und negativer OPV-Betriebsspannung belegt werden. Ist die Spannung nicht in diesem Bereich ist das Verhalten des OPVs zumindest nicht definiert, es kann sogar zu Beschädigungen am OPV führen. Da unser Netzteil eine Spannung von bis zu 12 V haben darf muss man hier einen passenden OPV auswählen oder man verändert die Schaltung ein wenig.
Da später auch eine Ansteuerung ggf. über einen Mikrocontroller möglich sein muss werden wir nur das Feedback anpacken, weiterhin aber davon ausgehen, dass der OPV für die 12 V geeignet ist.
Noch bringen wir die volle Ausgangsspannung zurück auf den Eingang. Es gibt aber die Möglichkeit, z.B. nur ein zehntel der Ausgangsspannung auf den Eingang zurück zu führen. Das hat den Vorteil, dass man den OPV nicht mehr mit 0…12 V ansteuern muss sondern man kann ihn z.B. auch mit 0…5 V ansteuern wodurch der OPV auch mit einem Mikrocontroller angesteuert werden kann.
Aus dem Spannungsfolger wird somit ein Elektrometerverstärker mit der Verstärkung V = 1 + R2/R3.
R2 und R3 sollte man im zweistelligen Kiloohmbereich wählen. Wählt man sie kleiner belasten sie nur unnötig die Schaltung, wählt man sie größer werden die Randeffekte wie Leckströme und ähnliches unvernachlässigbar groß.
Jetzt gibt es verschiedene OPVs, viele können mit ihren Ausgängen nicht bis zu den sogenannten Rails (also den Potentialen der positiven und negativen Betriebsspannung) heran kommen. Dafür braucht man dann sogenannte Rail2Rail-OPVs. Für die Eingänge gilt ähnliches. Es gibt aber OPVs, die können zumindest bis an ein Rail heran, üblicher Weise das negative Rail. Der Vorteil dabei ist klar: Man braucht keine zwei Spannungsversorgungen mehr für den OPV sondern nur eine. Der LM358 ist so ein Kanditat. Von seinem positiven Rail muss man ca. 1.5 V entfernt bleiben, an das negative Rail kommt man aber bis auf wenige Millivolt heran und man kann den OPV auch als Single-Supply benutzen. Man braucht also keine negative Spannungsversorgung für den OPV.
Der Transistor ist noch relativ leicht ausgewählt. Er muss den maximalen Strom liefern können und der maximalen Spannung stand halten können. Hier muss es also ein Transistor sein mit einem Ic von mindestens 1 A und einem Uce von mindestens 12 V. Da unsere Spannungsversorgung, die uns Ub liefert, im Leerlauf höchst wahrscheinlich eine größere Spannung liefert als bei Vollast sollte der Transistor so etwa 50% mehr Spannung aushalten können, also etwa 18 V. Das ist aber alles kein Problem, es gibt hier genügen Transistoren, die das können wie z.B. der TIP31, TIP141, BD249 oder ein 2N3055 usw.
Der Transistor muss aber auch recht leistungsstark sein. Im Worst Case (Kurzschluss) muss er die gesamte Leistung aushalten können (z.B. 12 V * 1 A = 12 W). Auch darauf müssen wir achten und das wird es auch erforderlich machen, den Transistor später auf einen Kühlkörper zu montieren. Man kann diese Verlustleistung zwar noch etwas senken, dazu dann aber später mehr.
R1 muss abhängig vom Transistor gewählt werden und dem Strom, den man maximal fließen lassen will. Wichtig ist hier also hFE des Transistors. Will man zum Beispiel 1 A fließen lassen und der Transistor hat ein hfe von 100 so braucht man einen Basisstrom von 10 mA. Um ganz sicher zu gehen dass auch wirklich der maximale Strom fließen kann sollte man immer den kleinsten hFE-Wert wählen und diesen noch mal um ~30% verringern. Die zweite Abhängigkeit von R1 stellt dann die maximale Ausgangsspannung des OPVs da. Für R1 gilt also:
R1 = Umax_opv / Ic * hFE_min * 0.7
Nehmen wir mal an die Spannung unseres OPVs kann am Ausgang 10 V erreichen und wir haben uns für den BD677 entschieden der ein hFE von ~3500 aufweist so muss R1 24500 Ohm betragen, also 22 kΩ würde man dann wählen. Bei einem TIP31 hat man etwa ein hFE von 100, R1 dürfte dann nicht größer als 700 Ohm sein. Das ist ein enormer Unterschied und zeigt, dass die Wahl des Transistors schon einen erheblichen Einfluss hat. OK, der BD677 ist auch ein sogenannter Darligton-Transistor die sich durch besonders hohe hFE-Werte auszeichnen. Den TIP31 gibts dafür in größeren Gehäusen was die Kühlung wieder einfacher gestaltet und außerdem ist er etwas schneller (größere Frequenz bei hfe = 1). Übrigens: hFE und hfe ist bewusst so geschrieben. hFE ist dabei die Großsignal-Verstärkung, also für Signale mit geringer Frequenz, hfe ist die Kleinsignalverstärkung, also für Signale mit hoher Frequenz.
Strombegrenzung
Für die Strombegrenzung gibt es mindestens zwei Möglichkeiten. Entweder man reduziert beim Überschreiten des Stroms die Vorgabespannung des Spannungsreglers, das wäre die indirekte Strombegrenzung, oder man reduziert den Basisstrom in den Transistor, dann haben wir einen direkten Eingriff in die Stromregelung.
Ich habe mich für den direkten Eingriff entschieden und werde also bei Überschreiten des eingestellten Stromlimits den Basisstrom vom Transistor umleiten.
Zunächst muss man erstmal den Strom messen. Auch hier gibt es mehrere Möglichkeiten. Ich werde dazu einen Widerstand benutzen. Den kann man dann in die Plus-Leitung (Highside) oder GND-Leitung (Lowside) einbringen und die Spannung messen, die über diesem Widerstand abfällt. Daraus kann man dann auf den Strom schließen.
Die Highside-Messung wäre von daher eleganter da wir hier auch den Strom steuern. Nachteil ist, dass wir beide Seiten des Widerstandes Messen müssen.
Die Lowside-Messung ist einfacher da eine Seite des Widerstandes auf dem Bezugspotential liegt und man somit nur eine Seite des Widerstandes messen muss. Diese Lösung wird von mir gewählt.
Dimensionierung der Strombegrenzung
Der Widerstand für die Strommessung darf nicht zu groß sein da sonst zum einem der Spannungsfall über ihn zu groß wird und zum anderen auch zu viel Leistung über ihn verheizt wird.
Zu klein darf der Widerstand aber auch nicht werden da es sonst schwierig wird den entstehenden Spannungsfall noch zu messen und auch Leitungswiderstände zu Schwierigkeiten führen können.
Üblicher Weise wählt man den Widerstand im Milliohmbereich, typisch ist hier 100 mΩ oder 220/270 mΩ. Ich habe mir hier jedoch für 1 Ω entschieden. Das hat den Vorteil, dass 1 A zu 1 V Spannungsabfall führt und das kann man recht bequem zur Anzeige bringen. Nachteil ist dass 1 A an 1 Ω zu 1 W Leistungsverlust führen. Das muss beim Kauf des Widerstandes berücksichtigt werden, nicht dass man einen 1/4 W Widerstand dafür einsetzt oder einen noch schwächeren.
Der Shunt macht es auch nötig den Spannungsregler zu modifizieren. Im Moment misst er noch nach Masse/GND und berücksichtigt hier also den Spannungsfall über den Shunt mit. Lässt man das so wird die Ausgangsspannung des Netzteils lastabhängig. Das zu ändern ist aber kein Problem, der Spannungsregler-Teil muss nur ein neues Bezugspotential bekommen, und zwar statt Masse nun den Minus-Pol des Netzteils. Man misst zwar dann mit dem Shunt auch den Strom des Spannungsregler-Teils mit, bei entsprechender Dimensionierung liegt der Fehler hierbei allerdings nur bei einigen hundert Mikro- bis wenigen Milliamperé.
Mit einer einfachen Komparatorschaltung (ohne Hysterese) kann man nun den gemessenen Strom mit einer Vorgabe vergleichen und bei Bedarf den Komparator ein Element schalten lassen, dass den Basisstrom von NPN1 direkt zur Masse umleitet und nicht mehr durch die Basis von NPN1 fließen lässt. Spontan fällt mir hier als Schaltelement ein Relais, eine Bipolartransistor oder aber ein MOSFET ein. Ich habe mich hier auch für einen Bipolartransistor entschieden. Dieser wird mit seinem Kollektor direkt an die Basis von NPN1 angeschlossen, sein Emitter kommt an die Masse und die Basis wird über einen Widerstand direkt an den Ausgang des Komparators angeschlossen.
R4 muss entsprechend des Basisstroms von NPN1 dimensioniert werden. NPN2 muss also den kompletten Strom, der durch R1 maximal fließen kann, direkt nach Masse umleiten können. Es gilt also:
R4 = Umax_opv_current/Ib_NPN2
Ib_NPN2 = Ic_NPN2/hFE_NPN2
Ic_NPN2 ≈ Umax_opv_volt/R1
Das ≈ bei Ic_NPN2 daher, da wir mal den Spannungsfall über die CE-Strecke von NPN2 als 0 V annehmen wollen. Alles ineinander einsetzen:
R4 = Umax_opv_current/Umax_opv_volt*R1*hFE_NPN2
Und da, sofern man gleiche OPVs einsetzt, Umax_opv_current = Umax_opv_volt gilt folgt für R4:
R4 = R1*hFE_NPN2
Heißt also wenn NPN2 ein hFE von 100 hat, dass R4 100 mal größer sein kann als R1 um NPN1 immer noch erfolgreich den Basisstrom klauen zu können.
Dimensionierung anhand ausgewählter Transistoren
Hier ein paar Beispiele der Widerstände für ausgewählte Transistoren. Als Randbedingung gilt
-Betriebsspannung sei maximal 20V
-OPV kommt bis an sein Rail heran
-Shunt sei 1 Ω groß
-Feedback-Netzwerk sei R2:100 kΩ zu R3:10 kΩ
NPN1: TIP31, NPN2:BC548
hFE TIP31 bei 1A: ≈100
Ib: 10 mA
R1: 500 Ω
hFE BC548 bei 10 mA: ≈200
Ib: 50 µA
R4: 50 kΩ
NPN1: BD677, NPN2:BC337
hFE BD677 bei 1A: ≈7000
Ib: ~143 µA
R1: 140 kΩ
hFE BC337 bei 143 µA: ≈50
Ib: 3 µA
R4: 6.67 MΩ
Hier sieht man also, dass alleine schon die Wahl der Transistoren einen erheblichen Einfluss hat. Bei meinem Netzteil, dass ich nach dem hier vorgestellen Prinzip aufgebaut habe, kam ein BD677 und ein BC547 zum Einsatz, als OPV kamen zwei AD820 zum Einsatz.
Da die Kennlinie für hFE und Co im Datenblatt meist auch nur typisch angegeben ist bei 25°C empfiehlt es sich immer von schlechteren Werten auszugehen. So ist bei mir R1 bei meinem Netzteil auf 10 kΩ reduziert und R4 haben ich auf 100 kΩ festgelegt (u.a. da man bei Megaohm-Widerständen auch immer gute Chancen hat sich Störsignale einzufangen).
Um der Schaltung das Schwingen abzugewöhnen und anderer Kleinigkeiten müssen noch ein paar Modifikationen vorgenommen werden. Was ich dagegen getan habe wird in einem weiteren Blogeintrag beschrieben werden.